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Full Metal Jacket ist ein britisch-amerikanischer Antikriegsfilm aus dem Jahr 1987 und der vorletzte Film von Stanley Kubrick. Der Name Full Metal Jacket bezieht sich auf die englischsprachige Bezeichnung für das Vollmantelgeschoss (full metal jacket bullet). Der Film, der in einem Ausbildungslager der US-Marines und in Vietnam spielt, wurde großteils in der Umgebung von London gedreht; zur Ergänzung wurden Archivmaterial und Luftaufnahmen eingearbeitet.

Der auf den Romanen The Short-Timers (deutscher Titel: Höllenfeuer) und Dispatches (deutscher Titel: An die Hölle verraten) basierende Film schildert in zwei Abschnitten die Ausbildung einer Gruppe von Marines und ihren anschließenden Einsatz in Vietnam. Der Film zählt neben Werken wie Michael Ciminos Die durch die Hölle gehen (1978), Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (1979) und Oliver Stones Platoon (1986) zu den bekanntesten Vertretern seines Genres.

Inhalt

Handlung

Die Handlung beschreibt die Erlebnisse des Private James T. Davis, genannt Joker, in den Jahren 1967/1968 zunächst im Marine Corps Recruit Depot Parris Island, dem Ausbildungslager der US-Marines, sowie im darauffolgenden Vietnamkriegseinsatz. Der Film beginnt damit, dass den Rekruten die Köpfe kahlrasiert werden. Joker übernimmt während des gesamten Films die Erzählerrolle.

Parris Island[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Ausbildungseinheit steht unter dem Kommando von Gunnery Sergeant Hartman, der die jungen Männer drakonisch behandelt und ihnen herabwürdigende Spitznamen gibt. Vor allem den übergewichtigen und wenig intelligenten Leonard Lawrence, den er Paula nennt, nimmt er sich vor. Da dieser ständig Fehler begeht und für die Ausbildung zum Marine ungeeignet scheint, soll Joker sich um ihn kümmern. Als jedoch die Fehler Paulas anhalten, geht Hartman dazu über, für jeden seiner Fehltritte nicht ihn, sondern den Rest der Mannschaft zu bestrafen. Dafür rächt sich diese an Lawrence, indem sie ihn eines Nachts einer blanket party unterzieht, also mit in Handtücher gewickelten Seifenstücken verprügelt. Nach kurzem Zögern nimmt auch Joker an diesem Übergriff teil.

Ab diesem Zeitpunkt beginnt Lawrence sich zu verändern: Er fängt an, mit seinem Gewehr zu sprechen, und entpuppt sich als sehr guter Schütze. Hartman schließt daraus, dass Lawrence sich nun doch noch zu einem brauchbaren Soldaten entwickelt, übersieht jedoch dessen psychische Veränderungen.

Joker muss in der Nacht vor dem Abmarsch der Soldaten nach Vietnam Brandwache halten. Dabei trifft er im Toilettenraum der Unterkunft auf den bewaffneten Lawrence, der dem psychischen Druck der Ausbildung nicht mehr standgehalten hat. Als der Sergeant erscheint und ihn wütend anschreit, erschießt Lawrence ihn und anschließend sich selbst vor Jokers Augen.

Vietnam[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Joker und seine Kameraden werden nach der Ausbildung zu verschiedenen Einheiten versetzt und nach Vietnam entsandt. Joker wird Kriegsberichterstatter für die Armeezeitung Stars and Stripes und wird zunächst weit hinter der Front eingesetzt, worüber er sich mit der Zeit zunehmend beklagt. Nach der Tet-Offensive im Frühjahr 1968, trotz schwerer Verluste ein großer Erfolg für den Vietcong und die nordvietnamesische Armee, wendet sich das Kriegsglück zu Ungunsten der Amerikaner.

Joker soll daraufhin mit seinem Kameraden Rafterman über die Kämpfe in der zerstörten Stadt Huế berichten. Joker nimmt Rafterman nur widerwillig mit, da er ihn nicht gefährden möchte, und tatsächlich sieht es schon bald so aus, als ob Rafterman den Bedingungen an der Front nicht gewachsen sei. Auf dem Hubschrauberflug an die Front schießt der MG-Schütze wahllos auf Zivilisten, was bei Rafterman starken Brechreiz auslöst. Jokers zögerlichen Hinweis, dass das Schießen auf Frauen und Kinder nicht in Ordnung sei, nimmt der Schütze nicht ernst. In Huế trifft Joker wieder auf Cowboy, einen seiner Kameraden in der Ausbildung, und seine Squad, welche er die folgenden Tage begleitet. Die Stimmung ist angespannt, so gerät Joker schon am ersten Tag mit Animal Mother aneinander, dem MG-Schützen der Gruppe. Im Einsatz erlebt er mit, wie die führenden Mitglieder der Einheit nacheinander von Heckenschützen, Minen und Sprengfallen getötet werden, so dass schließlich Cowboy als Ranghöchster die Führung der Gruppe übernimmt.

Bei einer Patrouille verirrt sich die Gruppe in den Ruinen der Stadt. Ihr Navigator „Albino“ wird kurz darauf aus einem vietnamesischen Hinterhalt angeschossen und schwer verletzt. Cowboy ruft über Funk nach Panzerunterstützung, wird jedoch vertröstet. Er erlaubt der Gruppe nicht, den Verletzten zu bergen, da dieser im freien Schussfeld liegt. Ein weiterer Soldat der Gruppe versucht es dennoch und wird dabei ebenfalls angeschossen. Nun verweigert auch „Animal Mother“ dem Gruppenführer den Gehorsam, da er von einem einzelnen Heckenschützen ausgeht. Er kann von den Verletzten die ungefähre Position des Heckenschützen in Erfahrung bringen, bevor dieser die beiden schließlich tötet.

Cowboy gibt schließlich nach und stürmt mit seiner Gruppe zu den Toten, kurze Zeit später wird er selbst von hinten durch ein Loch in der Mauer, an der er steht, tödlich getroffen. Nun durchkämmt die dezimierte Gruppe das Gebäude, in dem der Schütze sich aufhalten soll. Joker stößt im Obergeschoss auf eine junge Vietnamesin, doch sein Gewehr versagt und verrät ihn. Er wird von der Frau unter Beschuss genommen, doch dann setzt sie der herbeigeeilte Rafterman mit mehreren Schüssen außer Gefecht. Sterbend liegt sie am Boden und wird von der Gruppe eingekreist. Mit letzter Kraft spricht sie ein Gebet und bittet: „Erschießt mich!“ Die meisten der Marines wollen sie einfach liegenlassen, doch schließlich gibt Joker ihr den Gnadenschuss.

Nach diesem Ereignis leben nur noch wenige von Jokers Freunden. Sie marschieren aus der Stadt und singen dabei den Mickey-Mouse-Club-Song.

Kritik

Quelle Bewertung IMDb [13]

Auf der Website Rotten Tomatoes, auf der zahlreiche Kritiken der bekanntesten englischsprachigen Filmkritiker gesammelt werden, sind von 58 gelisteten Kritiken 90 % als positiv markiert, wobei die durchschnittliche Bewertung bei 8,3 von 10 Punkten liegt.[14]

US-amerikanische Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Vereinigten Staaten wurde Full Metal Jacket zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung im Juni 1987 von der Kritik beinahe ausschließlich positiv aufgenommen, doch kritische Stimmen blieben nicht aus. Diese bemängelten vor allem, dass der zweite Abschnitt des Films, der die Geschehnisse in Vietnam beschreibt, nicht nur im Vergleich zum ersten Abschnitt schwächer sei, sondern zum Teil auch Szenarien in zuvor erschienenen Vietnamkriegsfilmen wie Apocalypse Now, Platoon oder Die durch die Hölle gehen zu sehr ähnele und schlechter inszeniert sei als diese. Roger Ebert schrieb in seiner Kritik für die Chicago Sun-Times sogar, dass einige Szenen aussähen wie „aus der untersten Schublade“; er betonte, dass der Film insgesamt solide inszeniert sei, im Vergleich zu den oben genannten Beispielen allerdings sehr schwach wirke. Die einzige Überraschung und zugleich weitere Enttäuschung des Films sei seiner Meinung nach die Tatsache, dass Kubrick die Sexualmetapher, die zu Beginn des Films präsent ist, nach Ende des ersten Abschnitts einfach fallen lasse. Insgesamt zeigte er sich enttäuscht über einen der „formlosesten“ Kubrick-Filme und vergab nur zweieinhalb von vier möglichen Sternen.[15] In seiner zusammen mit Gene Siskel moderierten Sendung Siskel & Ebert, in der die beiden Kritiker zusammen Filme bewerteten, zeigte sich Siskel überrascht gegenüber Eberts Einschätzung des Films.[16] Siskel selbst listete den Film in seiner Top Ten des Jahres auf dem zweiten Platz.[17]

Andere Kritiker zeigten sich dem Film gegenüber deutlich wohlwollender. Jonathan Rosenbaum, ebenfalls ein Kritiker für eine Chicagoer Zeitung, in diesem Fall den Chicago Reader, bezeichnete Full Metal Jacket als Kubricks handwerklich beste Arbeit seit Dr. Seltsam und ebenso als erschreckendste; allein der erste Abschnitt vollbringe, was Shining über die gesamte Laufzeit misslungen sei.[18] Ende des Jahres listete er den Film in seiner persönlichen Top Ten von 1987 auf dem dritten Platz.[19] Vincent Canby, seinerzeit Chefkritiker bei der New York Times, lobte die Leistungen aller Hauptdarsteller als „brillant“, insbesondere R. Lee Ermey sei eine „überwältigende Überraschung“. Er betonte außerdem, dass die zweite Hälfte des Films möglicherweise konventionell erscheine, es aber ganz und gar nicht sei. Nicht unerwähnt blieb allerdings, dass ihm einige Szenen in Vietnam durchaus aus anderen Filmen vertraut erschienen; dies sei aber vielleicht sogar von Kubrick so beabsichtigt gewesen.[20]

Deutschsprachige Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kritiken in Deutschland fielen ähnlich positiv aus. Das Lexikon des internationalen Films sah einen Film, der durch die Loslösung von der historischen Realität Vietnams jede konkrete politische, historische oder ethische Perspektive verweigere. Full Metal Jacket sei „ein schonungsloser Film über die Realität des Krieges“, der das Publikum durch die unmittelbare Konfrontierung mit dem Gezeigten zur Auseinandersetzung herausfordere.[1] Die Fernsehzeitschrift prisma lobt die Authentizität, die der Film vor allem durch die Darstellung R. Lee Ermeys gewinne. Die Redaktion vergab die Höchstwertung von drei Sternen und bezeichnete den Film als „einen der gemeinsten, aber auch wahrsten Filme über die Mechanismen des Krieges und des Tötens.“[21]

Ulrich Behrens schrieb in seiner Kritik, Kubrick schildere die Rekrutenausbildung in Parris Island mit einer Intensität, wie er sie selten in einem Film gesehen habe. Außerdem sei Full Metal Jacket „ein unpatriotischer Film, der in keiner Weise den Krieg glorifiziert.“ „Kubricks Film enthüllt zwei Welten, die unterschiedlichen Regeln gehorchen, obwohl die Welt des Krieges der Welt des Nicht-Krieges entspringt.“[22] Auch Behrens vergab die Höchstwertung, in diesem Fall fünf Sterne. Dietrich Kuhlbrodt bezeichnet den Film gar als den besten aller Filme über Vietnam: „Full Metal Jacket ist der beste aller Vietnam-Filme auch und grade, weil man zu viele Worte braucht, um dies zu begründen.“ „Full Metal Jacket hat all den Vietnamfilmen, die seit einigen Jahren in Mode geraten sind, voraus, daß er sich nicht damit zufrieden gibt, etwas zum Vietnamkrieg zu sagen, sondern daß er, wenn auch nicht explizit, so doch nachhaltig, zum Vietnam-in-uns vordringt.“[23]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Oscarverleihung 1988 waren Stanley Kubrick, Michael Herr und Gustav Hasford für ihre Drehbuchadaption in der Kategorie Bestes adaptiertes Drehbuch nominiert, konnten den Preis allerdings nicht erringen. R. Lee Ermey wurde für seine Rolle des Gunnery Sergeant Hartman mit einer Nominierung für den Golden Globe Award 1988 als Bester Nebendarsteller bedacht, konnte jedoch ebenfalls nicht gewinnen.

Weitere Nominierungen folgten für den BAFTA Film Award 1988 in den Kategorien Bester Ton (Nigel Galt, Edward Tise, Andy Nelson) und Beste visuelle Effekte (John Evans).

Stanley Kubrick wurde für seine Regiearbeit mit dem japanischen Kinema-Jumpō-Preis als Bester fremdsprachiger Regisseur ausgezeichnet. Es folgten Auszeichnungen als bester Regisseur von der Boston Society of Film Critics (BSFC) und dem London Critics’ Circle. Die BSFC zeichnete außerdem R. Lee Ermey als besten Nebendarsteller des Jahres 1987 aus. Auch der italienische Filmpreis David di Donatello als Bester Produzent eines fremdsprachigen Films ging an Kubrick.

Full Metal Jacket findet sich außerdem auf der im Jahr 2001 vom American Film Institute veröffentlichten Liste der 100 besten amerikanischen Thriller auf dem 95. Platz.[24] An einer vom Magazin Empire durchgeführten Umfrage nach den besten Filmen aller Zeiten nahmen 10.000 Leser des Magazins, 150 Filmschaffende aus Hollywood und 50 Filmkritiker teil. In der daraus resultierenden Liste der 500 Greatest Movies Of All Time befindet sich Full Metal Jacket auf Platz 457.[25]

Die Deutsche Film- und Medienbewertung FBW in Wiesbaden verlieh dem Film das Prädikat besonders wertvoll.

Referenzen in der Popkultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe der Jahre nach Veröffentlichung avancierte Full Metal Jacket zum „Kultfilm“, was wohl vor allem auf den ersten Abschnitt des Films zurückzuführen ist. Dieser ist es auch, auf den sich große Teile der popkulturellen Referenzen beziehen.

Zum Beispiel in der Fernsehserie South Park wird mehrmals auf den Film Bezug genommen. In der dritten Folge der elften Staffel, Laustrophobie (Originaltitel: Lice Capades), fordert Cartman seine Freunde auf, Seifenstücke in Socken zu stopfen und damit seinen Freund Kenny zu waschen, bei dem er Läuse vermutet.[26] In der 13. Episode der zweiten Staffel, Coole Kühe (Originaltitel: Cow Days), leidet Cartman unter einer Kopfverletzung und hält sich selbst für eine vietnamesische Prostituierte.[27] Auch im Film zur Serie findet sich ein Zitat aus Full Metal Jacket.[28] Die Namen der Figuren Kyle und Cartman erinnern außerdem an Private Pyle und Sergeant Hartman.

Auch in einer anderen bekannten Fernsehserie, den Simpsons, finden sich Parodien des Films. In der 5. Folge der achtzehnten Staffel, G.I. Homer (Originaltitel: G.I. D’oh), tritt Homer der Army bei und muss unter anderem Donuts essen, während seine Kameraden Liegestütze machen. Zu Beginn der Ausbildung spricht Homer seinen Ausbilder außerdem darauf an, ob dieser ihn nach seiner schlechtesten Eigenschaft fragen würde. In der deutschen Synchronisation geht diese Anspielung allerdings verloren. Im englischen Original verwendet Homer dieselben Worte wie Sergeant Hartman, kurz bevor er von Private Pyle erschossen wird: “What is your major malfunction?”[29]

In dem Film The Frighteners kommt Gunnery Sergeant Hartman als Geist auf einem Friedhof vor. Dabei verhält er sich zu der von Michael J. Fox dargestellten Hauptfigur Frank Bannister genauso wie zu den Rekruten in Full Metal Jacket.

Full Metal Jacket wird auch in der Musik häufig zitiert. Größtenteils wurden Aussagen von Sergeant Hartman, einer vietnamesischen Prostituierten und das Nachtgebet der Marines in die betreffenden Lieder hineingeschnitten. Zu hören sind diese Zitate unter anderem in Songs von Ministry, Front Line Assembly, Fear Factory, 2 Live Crew (“Me So Horny: What’ll we get for ten dollars? Every ’ting you want! Everything? Every ’ting!”),[30] Grendel und Combichrist. Das Sodom-Album Code Red wird von einem Musikstück des Filmes eröffnet. Die amerikanische Band Metallica nutzte einige Male Teile des Gebetes, das die Soldaten vor dem Zu-Bett-Gehen beten, sowie den Dialog, nach dem Pyle sich erschießt, um ihr Lied One auf Konzerten einzuleiten.

Auf Videoplattformen wie YouTube finden sich außerdem zahlreiche Neuvertonungen einzelner Passagen des Films, meist der ersten Szenen im Ausbildungslager. Wie etwa die unter dem Namen Full Metal Disney hochgeladene Variante, in der die Stimmen der Schauspieler durch diejenigen bekannter Disney-Figuren wie Donald Duck ersetzt wurden.[31] Auch findet sich eine vollständige Neusynchronisation des Films, in der die Protagonisten mit einem stark ausgeprägten bairischen Akzent sprechen.[32] Diese und ähnliche Videos wurden insgesamt bereits mehr als 5,5 Millionen Mal angesehen.

Trotz der zweideutigen Einstellung in Bezug auf Krieg und Politik bleibt Full Metal Jacket einer der Lieblingsfilme von US-Soldaten. Sich diesen Film anzuschauen ist ein weitverbreitetes Ritual vor der Abreise ins Rekrutentraining.

 

 

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