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Das Kind (Originaltitel: L’Enfant) ist ein Spielfilm der belgischen Regisseure Jean-Pierre und Luc Dardenne aus dem Jahr 2005. Das Filmdrama basiert auf einem Original-Drehbuch des Brüderpaares und wurde von dem Filmstudio Les Films du Fleuve produziert.

Inhalt

Handlung

Der zwanzigjährige Bruno und seine zwei Jahre jüngere Freundin Sonia leben im tristen Seraing, einer heruntergekommenen belgischen Industriestadt unweit von Lüttich. Der verantwortungsscheue Bruno, der die Meinung vertritt, Arbeit sei nur etwas für Arschlöcher, bestreitet den Lebensunterhalt der beiden als Chef einer Kinderbande. Die jungen Bandenmitglieder besorgen ihm Autoradios, Handtaschen oder Schmuck. Bruno fährt das Mofa, mit dem er die Beute samt Komplizen in Sicherheit bringt. Bruno taxiert die Hehlerware und verscherbelt sie mit Gewinn. Er ist durch und durch ein Geschäftsmann und so vermietet er auch Sonias kleine Wohnung und gibt ihre Sozialhilfe aus, während sie schwanger im Krankenhaus liegt.

Als Sonia Bruno dann ein Kind gebiert, ist der junge Vater zu einer emotionalen Reaktion nicht in der Lage. Er will den kleinen Jimmy noch nicht einmal in seinen Arm nehmen. Die junge Familie zieht in ein Obdachlosenasyl und erst ein paar Tage später hat sich Bruno scheinbar an das Baby gewöhnt und bringt Jimmy einen nagelneuen Kinderwagen als Geschenk mit nach Hause. Doch in die Vaterrolle wachsen will Bruno nicht. Als Sonia sich in der langen Warteschlange vor dem Sozialamt einreiht, versucht er sich mit Jimmy etwas Geld bei Passanten zu erbetteln. Schließlich knüpft Bruno Kontakt mit seiner Hehlerin und feilscht mit ihr um den Preis seines Kindes. Beide einigen sich auf fünftausend Euro und der junge Vater trägt seinen Sohn wenig später in seiner teuren Motorradjacke zu einem verlassenen Haus, dem vereinbarten Treffpunkt für den Deal. Bruno deponiert seinen Sohn in einer der leeren Wohnungen und wartet im Nebenzimmer bis die Unbekannten das Kind hinausgetragen haben. An Stelle des Kindes findet er einen Umschlag mit dem vereinbarten Geld.

Als Bruno zu seiner Freundin zurückkehrt, eröffnet er der Kindsmutter, dass er Jimmy für fünftausend Euro verkauft hat. Sie könnten ja ein neues machen, fügt er unschuldig hinzu. Sonia fällt vor Schock in Ohnmacht, worauf Bruno sie in ein Krankenhaus bringt, wo sie auf der Intensivstation versorgt wird. Bruno beginnt zu realisieren, was er mit seiner Tat angerichtet hat und macht sich auf den Weg, den Sohn, den er selbst verkauft hat, zurückzuholen. Den leeren Kinderwagen hinter sich herziehend, erlernt er über Umwege Verantwortung, und er begreift, dass es Erstrebenswerteres gibt, als Ware für den höchstmöglichen Kaufpreis zu veräußern. Es gelingt Bruno, Jimmy zurückzukaufen, wobei er den Zorn und die Prügel der Kinderhändler auf sich zieht. Sie verlangen von ihm eine weitere Zahlung von 5.000 Euro. Da Bruno das Geld nicht sofort aufbringen kann, soll er für sie solange arbeiten, bis der Betrag beglichen wurde. Wieder geht er mit einem Jungen auf Beutetour. Nach einem Taschendiebstahl werden die beiden von einem Passanten verfolgt und Bruno muss schließlich mit ansehen, wie der Junge festgenommen wird. Brunos Lage wird aussichtslos. Bei den Hehlern steht er in einer hoffnungslosen Schuld und Sonia will nichts mehr von ihm wissen. Schließlich stellt er sich der Polizei, um dem Jungen zu helfen. Erstmals in seinem Leben nimmt er Verantwortung für sein Leben und geht ins Gefängnis. Sonia besucht ihn in der Haft. Schweigend sitzen sie sich gegenüber, beginnen hemmungslos zu weinen und versuchen sich gegenseitig zu trösten.

Kritik

Der Film feierte seine Premiere am 17. Mai 2005 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes und wurde von der Kritik gefeiert. Vor allem gelobt wurde die mitreißende Erzählweise und die realistische Inszenierung des Films sowie die Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller Jérémie Renier und Déborah François. Vergleiche wurden gezogen zu den aktuellen Ausschreitungen Jugendlicher in französischen Vororten, sowie zu Roman Polańskis Verfilmung von Charles Dickens’ Oliver Twist, die zu Weihnachten 2005 in die Kinos kam. In Deutschland wurde Das Kind von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) mit dem Prädikat besonders wertvoll ausgezeichnet.

Ferner wurde Das Kind als offizieller belgischer Beitrag für eine Nominierung bei den Oscars 2006 in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film ausgewählt. Der Film konnte sich nicht gegen u. a. das französische Drama Merry Christmas von Christian Carion, Hany Abu-Assads kontrovers diskutierten Film Paradise Now und den deutschen Beitrag Sophie Scholl – Die letzten Tage von Marc Rothemund durchsetzen.

 

 

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